Donnerstag, 12. Dezember 2013

Gleichstellungsabrede bei Tarifgebundenheit durch Anerkennungstarifvertrag


Das Problem:
Die Anwendung eines Tarifvertrages kann auf der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers und der Mitgliedschaft des Arbeitnehmers in der den Tarifvertrag abschließenden Gewerkschaft beruhen.

Ist der Arbeitnehmer nicht in Mitglied in der Gewerkschaft, so kann die Geltung einzelvertraglich im Arbeitsvertrag vereinbart werden. Je nach Formulierung der entsprechenden Klausel ergeben sich aber Schwieriglkeiten bei der Frage, wie weit die Parteien gehen wollten; etwa, ob auch zukünftige Tariferhöhungen für den Arbeitnehmer gelten sollen.

Der Fall:
Der Arbeitnehmer ist seit dem Jahr 1995 bei der Arbeitgeberin als kaufmännischer Angestellter beschäftigt. In seinem Arbeitsvertrag ist neben einer Verweisung auf die tariflichen Urlaubs- und Kündigungsfristenregelungen

"ein Bruttogehalt nach Tarifgruppe 5/4 in Höhe von DM 5.400,-"

vereinbart,

das sich aus einem Tarifgehalt von DM 4.848,- und einer außertariflichen Zulage von DM 552,- zusammensetzt. Zu dieser Zeit war die Arbeitgeberin, die keinem Arbeitgeberverband angehört, an einen mit der IG Metall geschlossenen Anerkennungstarifvertrag gebunden, der mehrere Verbandstarifverträge der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie in Bezug genommen und vorübergehend teilweise modifiziert hatte. Dieser Anerkennungstarifvertrag wurde von der Arbeitgeberin zum 31. Dezember 2001 gekündigt. Nachfolgende Änderungen der Verbandstarifverträge wurden im Arbeitsverhältnis der Parteien nicht mehr umgesetzt. Der Arbeitnehmer hat mit seiner Klage ua. Vergütungsdifferenzen zwischen dem ihm gezahlten Entgelt und den tariflichen - zwischenzeitlich - erhöhten Tabellenwerten der Tarifgruppe 5/4 geltend gemacht. Die Vorinstanzen hatten die Klage abgewiesen.

Die Entscheidung:
Das Bundesarbeitsgerichts hat gegen den Arbeitnehmer entschieden. Es ist der Auffassung, dass selbst wenn man zugunsten des Klägers eine dynamische Anwendung der jeweiligen Vergütungsregelungen nach dem Mantel-, dem Lohn- und Gehaltsrahmen- sowie dem Vergütungstarifvertrag der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie annehmen würde, wäre diese Dynamik aufgrund des Wegfalls der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers nach der Kündigung des Anerkennungstarifvertrages in Anwendung der früheren Rechtsprechung des Vierten Senats zur "Gleichstellungsabrede" entfallen, die aufgrund Vertrauensschutzes für "Altverträge" weiterhin gilt. Ob die Tarifgebundenheit an die im Arbeitsvertrag in Bezug genommenen Tarifregelungen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses auf einer Mitgliedschaft des Arbeitgebers im Verband oder auf einem von ihm selbst geschlossenen Anerkennungstarifvertrag beruht, ist dabei nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts ohne Bedeutung. Das Bundesarbeitsgericht hat auch keinen Anlass gesehen, seine Vertrauensschutzrechtsprechung hinsichtlich der "Altverträge" zu modifizieren.

Fazit:
Wird in einem vor dem 01.01.2002 geschlossenen Arbeitsvertrag ("Altvertrag") einen Tarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung in Bezug genommen, an den der Arbeitgeber seinerseits normativ gebunden ist, endet mit dem Wegfall der normativen Tarifgebundenheit des Arbeitgebers regelmäßig die Dynamik. Dies gilt auch, wenn die Tarifgebundenheit an Verbandstarifverträge nicht über eine Mitgliedschaft des Arbeitgebers im tarifschließenden Verband, sondern über einen von ihm als Tarifvertragspartei mit der Gewerkschaft geschlossenen Anerkennungstarifvertrag vermittelt ist.

Bundesarbeitsgericht, Urteil
- 4 AZR 473/12 - vom 11.12.2013 
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Nürnberg, Urteil
- 4 Sa 12/10 -
vom 14.03.2012

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