Freitag, 3. August 2012

Kein Annahmeverzugslohn bei Teilnahme am Streik

Erhält der Arbeitnehmer eine fristlose Kündigung und obsiegt er im anschließenden Kündigungsschutzprozess, steht ihm für die Zeit vom Zugang der Kündigung bis zur Verkündung des die Unwirksamkeit der Kündigung feststellenden Urteils nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts kein Annahmeverzugslohn zu, wenn er sich in diesem Zeitraum an einem Streik beteiligt.

Nachdem beim Arbeitgeber Verhandlungen über den Abschluss eines Haustarifvertrags gescheitert waren, rief die IG BAU die Beschäftigten am 13.04.2010 zu einem unbefristeten Streik auf. Während des Arbeitskampfes wurde das Arbeitsverhältnis der klagenden Arbeitnehmerin mit Schreiben vom 22.04.2010 fristlos gekündigt. Mit Urteil vom 14.07.2010 stellte das Arbeitsgericht die Unwirksamkeit dieser Kündigung fest. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Arbeitnehmerin durchgehend am Streik beteiligt. Mit ihrer Klage verlangte sie Annahmeverzugslohn die Zeit vom Zugang der Kündigung bis zur Urteilsverkündung. Sie machte geltend, nach Erhalt der Kündigung habe sie nicht mehr im Rechtssinne streiken, sondern sich nur noch mit den streikenden Kollegen solidarisch erklären können.

Die Arbeitnehmerin hatte vor dem Ersten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Ihr steht kein Annahmeverzugslohn zu. Aufgrund des der Kündigungsschutzklage stattgebenden Urteils steht zwar fest, dass zwischen den Parteien auch während der Dauer des Arbeitskampfes ein Arbeitsverhältnis bestand. Doch war die Arbeitnehmerin wegen ihrer Streikteilnahme leistungsunwillig im Sinne des § 297 BGB. Das schließt einen Anspruch auf Annahmeverzugslohn nach § 615 BGB aus.

Bundesarbeitsgericht -1 AZR 563/11- , Urteil vom 17.07.2012
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamm - 8 Sa 155/11 -, Urteil vom 19.05.2011

Rechtsanwalt Martin Bechert,  
Fachanwalt für Arbeitsrecht,
Berlin

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