Mittwoch, 14. Oktober 2009

LAG Hamm: Betriebsratsseminar Rhetorik für Stellvertreter

Zu den häufigeren Fragen mit denen sich das Arbeitsgericht im Beschlussverfahren zu befassen hat gehört, ob ein Arbeitgeber für die durch die Teilnahme eines Betriebsratsmitgliedes an einer bestimmten Betriebsratsschulung entstandenen Kosten aufzukommen hat.

Das Landesarbeitsgericht Hamm (LAG Hamm) - 13 TaBV 181/09 - hat in einem Beschluss vom 12.10.2009 entschieden, dass ein Arbeitgeber ein Rhetorikseminar eines stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden zu zahlen hat. Nach Ansicht des LAG Hamm sind die Kosten der Schulung vom Arbeitgeber zu tragen, weil dem stellvertretenden Vorsitzenden Kenntnisse vermittelt wurden, die für die Arbeit des Betriebsrats erforderlich waren.

Das LAG Hamm führt im Beschluss zur Begründung aus, dass die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten für die Betriebsratsarbeit immer dann erforderlich ist, wenn sie unter Berücksichtigung der konkreten Situation im Betrieb und Betriebsrat benötigt werden, damit die Betriebsratsmitglieder ihre derzeitigen und demnächst anfallenden Aufgaben sachgerecht wahrnehmen können; die Kenntnisse dürfen also nicht nur verwertbar und nützlich sein; wobei maßgeblich auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung des Betriebsrats abzustellen ist. Der Betriebsrat hat bei seiner Entscheidung im Rahmen des ihm eröffneten Beurteilungsspielraums aus der Sicht eines vernünftigen Dritten abzuwägen zwischen den Interessen des Betriebs einerseits und denen des Betriebsrats und der Arbeitnehmerschaft andererseits.

Bereits in verschiedenen anderen Entscheidungen hatte zuvor das Bundesarbeitsgericht (BAG) sowie verschiedenen Landesarbeitsgerichte die Teilnahme an einer Schulung der Rhetorik für erforderlich erklärt, sofern die konkreten Verhältnisse so gelagert sind, dass der Betriebsrat seine gesetzlichen Aufgaben nur dann sachgerecht erfüllen kann, wenn die rhetorischen Fähigkeiten bestimmter Betriebsratsmitglieder, namentlich ein Betriebsratsvorsitzender und seines Stellvertreters, durch eine einschlägige Schulung verbessert werden (vgl. auch BAG, 24.05.1995 – 7 ABR 54/94 – AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 109).

Nach der Entscheidung des LAG Hamm soll diese Rechtssprechung entsprechend auch auf den stellvertretenden Vorsitzenden zu übertragen sein, weil er – ebenso wie der Betriebsratsvorsitzende – im Betrieb eine herausgehobene Stellung einnimmt und diesen im Verhinderungsfall vollumfänglich zu vertreten hat (§ 26 Abs. 2 BetrVG). Daher, so das LAG Hamm, ist es sachgerecht, die Erforderlichkeit des Besuchs vom Rhetorikseminar nach denselben Maßstäben wie beim Betriebsratsvorsitzenden zu beurteilen. Denn nur dann ist gewährleistet, dass auch in Zeiten einer Abwesenheit des Betriebsratsvorsitzenden zum Beispiel wegen Urlaubs oder der Teilnahme an Seminaren und gewerkschaftlichen Fachtagungen eine sachgerechte Vertretung erfolgt.

Bei der konkreten Prüfung im nunmehr entschiedenen Fall stellte das LAG Hamm insbesondere darauf ab, dass durch Schuldzuweisungen und Druck betriebsverfassungsrechtliche Meinungsverschiedenheiten unter systematischer Einschaltung nicht nur von Filialleitern, sondern aller Verkaufsmitarbeiter zu Gunsten des Arbeitgebers gelöst werden sollten und es daher auf Seiten des Betriebsrats – über das übliche Maß hinaus – einer systematischen Vermittlung der Grundlagen der Kommunikationstechnik bedurfte.

Berlin

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