Sonntag, 15. März 2020

Betriebsrat muss vor Einführung von Kurzarbeit wegen Corona zustimmen


Deutsche Wirtschaft in der Coronakrise 

Corona hat neben den gesundheitlichen Folgen für die Betroffenen auch das soziale Leben in Deutschland massiv beeinflusst. Viele Veranstaltungen wurden bereits abgesagt. Menschen, die aus Risikogebieten wieder zurück zu uns gekommen sind, befinden sich in ihren Wohnungen in Quarantäne. Und auch die deutsche Wirtschaft leidet unter COVID-19. Die Konjunktur ist bereits eingebrochen.

Leicher zum Kurzarbeitergeld
Damit die Coronakrise nicht zu Massenentlassungen, betriebsbedingeter Kündigung und Insolvenzen führt, wurden die Bedingungen für die Kurzarbeit von der Politik erleichtert. So reicht es nunmehr für die Gewährung von Kurzarbeitergeld (KUG) aus, dass mindestens 10 % der Beschäftigten von dem Arbeitsausfall betroffen sein müssen. Außerdem kann KUG auch Leiharbeitnehmern bewilligt werden, d.h. nunmehr ist die Einführung von Kurzarbeit auch in der Zeitarbeit möglich.

Keine Kurzarbeit ohne Zustimmung vom Betriebsrat 

Soweit im Betrieb ein Betriebsrat besteht, darf die Kurzarbeit wegen Corona allerdings nicht eingeführt werden, ohne dass der Betriebsrat vorher zugestimmt hätte oder diese Zustimmung durch eine Einigungsstelle ersetzt worden ist. Sind sich Betriebsrat und Arbeitgeber einig, dass Kurzarbeit eingeführt werden soll, so vereinbaren Sie in den meisten Fällen eine Betriebsvereinbarung Kurzarbeit Corona. Diese regelt dann etwa in welchem Umfang die Kurzarbeit überhaupt angeordnet werden darf. 

Was der Betriebsrat in Sachen Betriebsvereinbarung Kurzarbeit Corona wissen muss, erfahren Sie auf unserer Internetseite.

Mittwoch, 2. Mai 2018

Kündigung im Kleinbetrieb bedarf der Schriftform


Das Problem:
Gerade bei Kündigungen im Kleinbetrieb, in dem das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, ist zu beobachten, dass Arbeitnehmer von der Einreichung einer entsprechenden Kündigungsschutzklage von vornherein absehen, ohne vorher deren Erfolgsaussichten im Einzelnen zu prüfen. Gerade bei einer Kündigung im Kleinbetrieb sollte Wert auf eine genaue Prüfung der formellen Richtigkeit der Kündigungserklärung gelegt werden.

Der Fall:
Eine Arbeitnehmerin arbeitete in einer überörtlichen Zahnarztpraxis, in der nicht mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt waren.

Montag, 16. April 2018

Anfechtung der Betriebsratswahl – ein Tabubruch?

„… und dann saßen wir Kollegen zusammen und überlegten, ob wir tatsächlich die Anfechtung der Betriebsratswahl betreiben sollten.“
Fachanwalt für Arbeitsrecht


So oder so ähnlich hört es sich an, wenn betroffene Arbeitnehmer über die schwierige Entscheidung auf dem Weg zur Wahlanfechtung berichten.

Doch der Reihe nach. Gerade sind wieder Betriebsratswahlen. Dass dabei immer alles 100%ig nach den gesetzlichen Vorschriften läuft, erwarten die wenigsten Arbeitnehmer. Wenn aber die Wahl ungerecht durch den Wahlvorstand oder den Arbeitgeber beeinflusst worden ist, dann macht sich in der Belegschaft und bei den unterlegenen Kandidaten Frust breit.

So etwa, wenn der Wahlvorstand nur

Donnerstag, 2. November 2017

Air Berlin - Personalvertretung Kabine unterliegt vor Arbeitsgericht

Die Personalvertretung Kabine der Air Berlin ist heute vor dem Arbeitsgericht Berlin mit ihrem Antrag auf den Erlass einer einstweiligen Verfügung gescheitert. Bei der Personalvertretung handelt es sich um eine Art Betriebsrat für die Beschäftigten im Luftverkehr. Er findet seine Grundlage nicht in einem Gesetz, sondern einem Tarifvertrag (Tarifvertrag Personalvertretung). 

Mittwoch, 25. Oktober 2017

Kündigungen für Air Berlin Beschäftigte kommen

Es ist eine Schande. Seit dem 15.8.2017 ist die Insolvenz der Air Berlin offiziell. Von Anfang an musste den Beteiligten klar sein, dass es gegebenenfalls zu Kündigungen kommen wird. Das Management der Air Berlin, Insolvenzverwalter Frank Kebekus und die Politik hatten also über zwei Monate Zeit, eine Transfergesellschaft ins Leben zu rufen. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt war ebenso wie Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries frühzeitig in die Sache eingebunden. Gleichwohl ging es von Anfang an nur darum einen möglichst hohen Kaufpreis zu erzielen. Die geordneten Verhandlungen wurden erst durch die 150 Millionen Bürgschaft des Bundes möglich gemacht. Gleichwohl wurde von Seiten der Politik hierfür keine Gegenleistung, etwa in Form von Zugeständnissen im Hinblick auf die Anbindung der Hauptstadt an den internationalen Flugverkehr oder die Gründung und finanzielle Ausstattung einer Transfergesellschaft genutzt. Stattdessen steh jetzt fest: Den Großteil der Beschäftigten der Air Berlin lässt man im Regen stehen.

Dienstag, 24. Oktober 2017

Air Berlin - Transfergesellschaft als Lösung?

Mit der Pleite von Air Berlin droht tausenden Arbeitnehmern Ende dieses Monats die Kündigung. Die Kündigungfrist ist in der Insolvenz abgekürzt. Danach würde den entlassenen Arbeitnehmern spätestens Ende Januar 2018 die Arbeitslosigkeit drohen. Ob es so kommt, steht in den Sternen. Uns - der Öffentlichkeit und den Beschäftigten der Air Berlin - wird bei dieser Insolvenz von Anfang an ein Schmierentheater allererster Güte präsentiert; jedenfalls soweit es den Verkauf des Tafelsilbers von Air Berlin angeht. Die Beschäftigten hat man dabei von Anfang an im Regen stehen lassen.

Sonntag, 15. Februar 2015

Verdachtskündigung selbst im Ausbildungsverhältnis möglich

Das Problem:
Sobald die Probezeit im Ausbildungsverhältnis vorüber ist, kann das Ausbildungsverhältnis durch den Ausbilder nur noch aus wichtigem Grund gekündigt werden. An diesen "wichitgen Grund" wird gerade im Ausbidlungsverhältnis sehr hohe Maßstäbe angelegt. Es wird berücksichtigt, dass es sich bei Auszubildenden regelmäßig um jüngere Menschen handelt und dem Ausbildungsverhältnmis auch erzieherische Aspekte innewohnen. Ob diese hohen Maßstäbe auch durch einen dringenden Verdacht einer schweren Verletzung ausbidlungsvertraglicher Pflichten oder gar einer Straftat erreicht werden kann, war bislang offen. Schießlich ist der Verdachtskündigung immanent, dass die Tat gerade nicht bewiesen werden kann und es also immer auch tatsächlich Unschuldige treffen kann.

Der Fall:
Der Auszubildende absolvierte eine Berufsausbildung zum Bankkaufmann. Am 20.06.2011 zählte er das sich in den Nachttresor-Kassetten einer Filiale befindliche Geld. Später wurde ein Kassenfehlbestand von 500,00 Euro festgestellt.

Donnerstag, 11. Dezember 2014

Leistungsbeurteilung im Arbeitszeugnis

Das Problem:
Bei der Personalauswahl wird in Deutschland immer noch sehr viel wert auf das vom Bewerber vorgelgete Arbeitszeugnis gelegt. Viele Arbeitgeber verwenden daher die Erteilung eines guten Arbeitszeugnisses als eine Art Faustpfand gegen den ausscheidenden Arbeitnehmer. Dem Arbeitnehmer wird von Arbeitgeberseite gedroht, dass ihm nur bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages oder widerspruchsloser Hinnahme einer arbeitgeberseitigen Kündigung ein gutes Zeugnis erteilt werden wird.

Die weitgehende Lösung dieses Problems 

Mittwoch, 17. September 2014

Pflegekräfte arbeiten am Limit - Veröffentlichung der BAuA alarmierend

Die Arbeit im Pflegebereich stellt hohe Anforderungen an Körper und Psyche der Beschäftigten. Dieses Ergebnis wird durch eine Befragung, deren Egebnis die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) als Das Factsheet "Arbeit in der Pflege - Arbeit am Limit? jetzt veröffentlicht hat, bestätigt. 

Aufgrund der steigenden Lebenserwartung gegenüber der sinkenden Zahl der Pflegekräfte, sowie auch deren steigender Altersdurchschnitt, kommt es im Bereich zu immer heftigeren Gesundheitsgefährdungen.

Demnach kennzeichnen bereits heute Schichtarbeit, ein hohes Arbeitspensum sowie physische und psychische Belastungen und gesundheitliche Beschwerden

Freitag, 5. September 2014

Sellbytel will Betriebsrat Berlin Kunde Atos loswerden

Kanzlei Buse Heberer Fromm scheint weiter im Union Busting-Segment aktiv. Ein Betriebsrat des Outsourcing-Giganten Sellbytel Group GmbH (Sellbytel / BBDO) steht unter massivem Beschuss durch die Geschäftsführung. Sellbytel schikaniert bereits seit geraumer Zeit

Mittwoch, 6. August 2014

Stadt Leipzig muss Arbeitnehmerin Ausfallzeiten wegen erkrankter Kinder zahlen

Die entschiedene Fallgesaltung betrifft privatversicherte Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst mit Kindern unter zwöf Jahren. Konkret den Anspruch auf bezahlte Freistellung bei schwerer Erkrankung der Kinder nach § 29 TVöD.

Die
Stadt Leipzig stellte eine Arbeitnehmerin im April 2010 an vier Arbeitstagen wegen einer Erkrankung ihres Sohnes, der das zwölfte Lebensjahr nicht vollendet hatte, unter Fortzahlung des Entgelts

Freitag, 23. Mai 2014

Betriebsratsmitglied - Entfristung einklagbar

Das Arbeitsgericht Berlin hat einen Arbeitgeber dazu verurteilt, einem befristet beschäftigten Betriebsratsmitglied einen unbefristeten Arbeitsvertrag anzubieten.

Der Anteil der befristet beschäftigten Arbeitnehmer steigt stetig. In der Mehrzahl werden heute Arbeitsverträge zunächst nur befristet abgeschlossen. In vielen Betrieben mit einer hohen Fluktuation innerhalb der Belegschaft

Sonntag, 18. Mai 2014

Abmeldung für Betriebsratsarbeit

Geradezu eine Sollbruchstelle ist immer wieder die Verpflichtung von Betriebsratsmitgliedern sich zur Betriebsratsarbeit abzumelden. Diese Verpflichtung soll dazu dienen, dass der Arbeitgeber den Arbeitsausfall des Betriebsratsmitglieds organisieren kann und damit Gelegenheit hat Störungen im Betriebsablauf zu verhindern. Dagegen ist überhaupt nichts einzuwenden. Allerdings wird Abmeldepflicht häufig dazu missbraucht Betriebsratsmitglieder zu maßregeln. In einem Fall,

Montag, 5. Mai 2014

Einigungsstelle Raumtemperatur durch Arbeitsgericht einsetzbar

Fall:
Der Betriebsrat wendete sich an den Arbeitgeber wegen des Abschlusses einer Betriebsvereinbarung über 

"Maßnahmen zur Wärmeentlastung in den Arbeitsräumen der Arbeitgeberin gemäß § 3 a ArbStättVO in Verbindung mit Ziff. 3.5 des Anhangs bei Überschreiten der Temperaturen von 26 °C, 30 °C und 35 °C".

Sonntag, 27. April 2014

Befristung für Nachwuchskraft bzw. Studierende bei der Bundesagentur unwirksam.

Bekanntlich beschäftigt die Bundesagentur für Arbeit eine Vielzahl von Arbeitnehmern. Bei einem großen Teil der Beschäftigten ist ein befristeter Arbeitsvertrag die Grundlage des Arbeitsverhältnisses. Das Arbeitsgericht Berlin hat nunmehr in zwei Urteilen entschieden, dass Befristungen bei der Bundesagentur unwirksam sind. Konkret ging es um Stellen, die für Nachwuchskräfte freigehalten werden sollten. Auf den Befristungsgrund - Studierende - wurden die Arbeitnehmer jeweils in einem bei Vertragsschluss überreichten Vermerk durch die Bundesagentur hingewiesen.

Dienstag, 15. April 2014

Betriebsrat Keine Mitbestimmung bei Bildung vom Arbeitsschutzausschuss

Das Problem: 
Arbeitgeber haben im Gesundheitsschutz umfangreiche Verpflichtungen. Diesen kommen sie häufig nur ungenügend nach. Dies gilt auch für die Verpflichtung zur Einrichtung vom Arbeitsschutzausschuss. Nach § 11 Satz 1 ASiG ist ein Arbeitgeber bei Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten verpflichtet einen Arbeitsschutzausschuss zu bilden. Für den Betriebsrat stellt sich die Frage, ob er die Bildung des Arbeitsschutzausschusses über sein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG erzwingen kann.

Donnerstag, 10. April 2014

Bundesarbeitsgericht : Leidensgerechter Arbeitsplatz für alle Arbeitnehmer

Das Problem:
Im Laufe eines langen Arbeitslebens nimmt die Leistungsfähigkeit eines Arbeitnehmers ab. Manchmal erwischt einen Arbeitnehmer auch eine Krankheit. Das ist ganz normal. Aber was, wenn dadurch
auf absehbare Zeit die arbeitsvertraglichen Verpflichtungen teilweise  nicht mehr erfüllt werden können? Ist das ein Fall der Unmöglichkeit? Darf der Arbeitgeber eine personebedingte Kündigung aussprechen?  Oder ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet den Arbeitnehmer im Rahmen der beidseitigen Möglichkeiten weiterzubeschäftigen?

Donnerstag, 19. Dezember 2013

Abgrenzung zwischen Arbeitsvertrag und Werkvertrag

Das Problem:
Der Arbeitnehmerbegriff hat für das Arbeitsrecht eine überragende Bedeutung. Schließlich geht es bei der Entscheidung, ob jemand Arbeitnehmer ist oder nicht in vielen Fällen um die Anwendbarkeit des Arbeitsrechts insgesamt auf das Vertragsverhältnis. Fehleinschätzung haben gravierende Folgen: So wird etwa die Vergütung eines vermeintlichen „freien Mitarbeiters“ rückwirkend der tariflichen oder branchenüblichen Vergütung angepasst. Sozialversicherungsrechtlich muss der Arbeitgeber damit rechnen den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zum größten Teil zumindindest für vier Jahre vergangene Jahre alleine tragen zu müssen. Gegebenenfalls

Donnerstag, 12. Dezember 2013

Gleichstellungsabrede bei Tarifgebundenheit durch Anerkennungstarifvertrag


Das Problem:
Die Anwendung eines Tarifvertrages kann auf der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers und der Mitgliedschaft des Arbeitnehmers in der den Tarifvertrag abschließenden Gewerkschaft beruhen.

Ist der Arbeitnehmer nicht in Mitglied in der Gewerkschaft, so kann die Geltung einzelvertraglich im Arbeitsvertrag vereinbart werden. Je nach Formulierung der entsprechenden Klausel ergeben sich aber Schwieriglkeiten bei der Frage, wie weit die Parteien gehen wollten; etwa, ob auch zukünftige Tariferhöhungen für den Arbeitnehmer gelten sollen.

Der Fall:
Der Arbeitnehmer ist seit dem Jahr 1995 bei der Arbeitgeberin als kaufmännischer Angestellter beschäftigt. In seinem Arbeitsvertrag ist neben einer Verweisung auf die tariflichen Urlaubs- und Kündigungsfristenregelungen

"ein Bruttogehalt nach Tarifgruppe 5/4 in Höhe von DM 5.400,-"

vereinbart,

Freitag, 22. November 2013

Eiscafé mit Kameraüberwachung !

Vergleich abgeschlossen 

Vor dem LAG Hamm wurde heute der Rechtsstreit wegen der Überwachung mit Videokamera im Eiscafé verhandelt. 

Auf Anregung der Berufungskammer verständigten die Parteien sich darauf, dass

Donnerstag, 21. November 2013

Kameraüberwachung im Eiscafé rechtmäßig?

Das Problem:
Videoüberwachung im Betreib greift in das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer ein, sofern sie innerhalb der überwachten Bereiche tätig sind. Vor diesem Hintergrund ist die Frage wei weit Videoüberwachung zulässig sein kann.

Der Fall:
Am morgigen 22.11.2013 wird vor dem Landesarbeitsgericht Hamm ein Rechtsstreit verhandelt, dem folgender Sachverhalt zugrunde liegt:

Freitag, 15. November 2013

Weihnachtsgratifikation bei Ausscheiden anteilig zu zahlen?

Das Problem:
Immer wieder kommt es im Falle der Beendigung von Arbeitsverhältnissen, gerade auch bei Eigenkündigung des Arbeitnehmers, zu Meinungsverschiedenheiten wegen der Zahlungsverpflichtung bzw. deren Umfangs im Hinblick auf Einmalzahlungen. Nach der Rechtssprechung kommt es im Hinblick auf die Zahlungsverpflichtung - ggf. anteilig - des Arbeitgebers auf den Zweck der in Aussicht gestellten bzw. vereinbarten Leistung an. Dabei kann die Bezeichung, etwa als Weihnachtsgeld nur ein Indiz darstellen.

Der Fall:
Die Parteien streiten sich über einen Anspruch auf „Weihnachtsgratifikation“ für das Jahr 2010. Der Arbeitnehmer war seit 2006 beim Arbeitgeber, einem Verlag, als Controller beschäftigt. Er erhielt jährlich mit dem Novembergehalt eine als Gratifikation, ab dem Jahr 2007 als Weihnachtsgratifikation bezeichnete Sonderzahlung in Höhe des jeweiligen Novemberentgelts. Der Arbeitgeber übersandte jeweils im Herbst eines Jahres ein Schreiben an alle Arbeitnehmer, in dem „Richtlinien“ der Auszahlung aufgeführt waren. In dem Schreiben für das Jahr 2010 hieß es unter anderem, die Zahlung erfolge „an Verlagsangehörige, die sich am 31.12.2010 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis“ befänden; Verlagsangehörige sollten für jeden Kalendermonat mit einer bezahlten Arbeitsleistung 1/12 des Bruttomonatsgehalts erhalten. Im Lauf des Jahres eintretende Arbeitnehmer erhielten die Sonderzahlung nach den Richtlinien anteilig. Das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers endete aufgrund seiner Kündigung am 30.09.2010. Mit der Klage hat er anteilige (9/12) Zahlung der Sonderleistung begehrt. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.

Die Entscheidung:
Das Bundesarbeitsgerichts hat den Arbeitgeber zur Zahlung verurteilt. Das Bundesarbeitsgericht hat festgestellt, dass die Sonderzahlung nach den Richtlinien einerseits den Arbeitnehmer über das Jahresende hinaus an das Unternehmen binden und damit die Betriebstreue belohnen soll, aber zugleich der Vergütung der im Laufe des Jahres geleisteten Arbeit dient. In derartigen Fällen sind Stichtagsregelungen wie die in den Richtlinien vereinbarte nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Die Klausel benachteiligt Arbeitnehmer unangemessen. Sie steht im Widerspruch zum Grundgedanken des § 611 Abs. 1 BGB, weil sie dem Arbeitnehmer bereits erarbeiteten Lohn entzieht. Der Vergütungsanspruch wurde nach den Richtlinien monatlich anteilig erworben. Anhaltspunkte dafür, dass die Sonderzahlung Gegenleistung vornehmlich für Zeiten nach dem Ausscheiden des Klägers oder für besondere - vom Arbeitnhmer nicht erbrachte - Arbeitsleistungen sein sollte, sind nicht ersichtlich.

Das Fazit:
Eine Sonderzahlung mit Mischcharakter, die jedenfalls auch Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistung darstellt, kann in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht vom Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember des Jahres abhängig gemacht werden, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde. 

Vorinstanz:Urteil, Hessisches Landesarbeitsgericht - 7 Sa 1232/11 - vom 19.04.2012

Montag, 11. November 2013

Schadenersatz wegen Mobbing kann verwirkt sein

Das Problem:
Das Arbeitsrecht ist voll von kurzen Fristen. Die Geltungmachung der auf Mobbing beruhenden Sachdenersatzansprüche ist aber grundsätzlich bis zum Zeitpunkt der Verjährung - also drei Jahre ab der letzten Verletzungshandlung - möglich. Diese für das Arbeitsrecht ungewöhlich lange Zeit stößt auf Kritik.

Der Fall:
Der Arbeitnehmer erklärte vor Gericht, dass er durch die angewiesenen Tätigkeiten und die ungerechtfertigte Abmahnung und andere Maßnehmen des Arbeitgebers gemobbt wurde. Nach dem Vorbringen des Arbeitnehmers wurden die Verletzungshandlungen seitens des Arbeitgebers in den Jahren 2006 bis 2008 verübt. 

Der Arbeitnehmer hatte bereits mit Schreiben vom 09.03.2007 von seinem Arbeitgeber eine Abmahnung wegen des angeblich ungerechtfertigteten Mobbingvorwurfs erhalten. Das Arbeitsgericht sah die Abmahnung im daraufhin vom Arbeitnehmer eingeleiteten Verfahren  als gerechtfertigt an. Im Berufungsverfahren haben sich die Parteien darauf geeinigt, die Abmahnung als gegenstandslos anzusehen. 

Wohl auch vor dem Hintergrund der betrieblichen Spannungen erkrankte der Arbeitnehmer. Im Jahr 2007 war der Arbeitnehmer wegen eines chronischen Überlastungssyndroms und Depression für insgesamt 52 Tage in 3 Krankheitszeiträumen arbeitsunfähig krankgeschrieben. Im Jahr 2008 war der Arbeitnehmer arbeitsunfähig krankgeschrieben an 216 Tagen, im Jahr 2009 bis August durchgehend. Dann kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis - wohl krankheitsbedingt (!) - , so dass es am 28.02.2010 endete. Am 28.12.2010 erhob der Arbeitnehmer Klage auf Zahlung von Schmerzensgeld.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe mangels vertraglicher Beziehungen zwischen den Parteien keinen vertraglichen Schadensersatzanspruch, darüber hinaus stehe ihm auch kein deliktischer Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Gesundheit oder unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes zu.

Die Entscheidung:
Das Landesarbeitsgericht kam zur gleichen Entscheidung. Es stützte seine Entscheidung aber auf eine andere Begründung. Es ist der Meinung, dass auf Mobbing gestützte Schmerzensgeldansprüche vor Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfrist verwirken können. Für das Zeitmoment kommt es nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts entscheidend auf die letzte Mobbinghandlung an. Das entscheidende Argument sieht das Landesarbeitsgericht dabei im Schutz des ggf. mobbenden Arbeitgebers! Es ist der Auffassung, dass es, um eine effektive Rechtsverteidigung zu ermöglichen, regelmäßig dem Interesse des Anspruchsgegners diene, sich zeitnah gegen Mobbingvorwürfe zur Wehr setzen zu können.

Als Umstandsmoment ist nach Meinung des Landesarbeitsgerichts ausreichend, dass im vorliegenden Fall der Kläger bereits mit Schreiben vom 09.03.2007 von seinem Arbeitgeber eine Abmahnung wegen der angeblich ungerechtfertigten Mobbingvorwurfs erhalten hatte und das Arbeitsgericht im daraufhin vom Kläger eingeleiteten Verfahren die Abmahnung als gerechtfertigt ansah. Es hätten nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts zumindest ab diesem Zeitpunkt unmittelbar gegen den Arbeitgeber erhobene Ansprüche aufgrund der Mobbingvorwürfe zeitnah geklärt werden müssen. Auch das Zuwarten von fast 1 ½ Jahren nach Abschluss des Gerichtsverfahrens wegen der vom Kläger erhobenen Mobbingvorwürfe verstößt nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts gegen Treu und Glauben.


Das Fazit:
Mobbingfälle sind schwierige Fälle. Juristisch sowieso. Aber auch wegen der Rahmenbedingungen. Gesundheitlich angeschlage Arbeitnehmer - zumeist bereits seit längerer Zeit in psychotherapeutischer Behandlung - müssen, meist gegen den Rat der behandelnden Ärzte oder Therapeuten, über all das berichten, was zu ihrer Erkankung geführt hat. Das fällt den Betroffenen sehr schwer - unter Umständen ist es zeitweise auch einfach gar nicht möglich. Bis man als Arbeitnehmer den entsprechenden Sachverhalt unter diesen Voraussetzungen zusammengetragen hat, kann einige Zeit vergehen. Wenig hilfreich ist insoweit auch die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts, die einseitig alleine die Interessen des Arbeitgerbers zu berücksichtigen scheint. 

Arbeitnehmern kann vor diesem Hintergrund nur geraten werden: 

Bei Mobbing sofort zum Anwalt!

Urteil, Landesarbeitsgericht Nürnberg vom 25.07.2013 - 5 Sa 525/11 - 
Voristanz: Urteil, Arbeitsgericht Nürnberg vom 20.07.2011- 7 Ca 8046/10

Montag, 28. Oktober 2013

Streiks bei der Flugsicherung 2014?

Es könnte bereits zu Beginn 2014 zumindest zu Unregelmäßigkeiten im Flugverklehr in Deutschland kommen. Die Tarifkommission der Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) hat die Kündigung der aktuell gültigen Vergütungstarifverträge (VTV, VTV-A und ZTV) zum 31.12.2013 bei der Deutschen Flugsicherung beschlossen. Damit ist der Weg zu Vergütungs-Tarifverhandlungen frei. Über Forderungen und das weitere Vorgehen wird die Tarifkommision der GdF auf ihrer nächsten Sitzung am 12.12.2013 und 13.12.2013 beraten. Sollte es zu keinem Einvernehmen zwischen den Tarifparteien kommen, könnte der Flugverkehr in Deutschland bereits zu Jahresbeginn 2014 in weiten Teilen lahmgelegt werden.


Quelle:
Presseinfo der Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF)

Donnerstag, 24. Oktober 2013

Betriebsrat: Änderung von Auswahlrichtlinie durch Namensliste möglich

Das Problem:
Immer wieder kommt zu Abgrenzungsfragen im Hinblick auf verschiedene Regleungen zur Auswahl von zu kündigenden Arbeitnehmer im Rahmen der Sozialauswahl. Der Betriebsrat kann mit dem Arbeitgeber eine Vereinbarung treffen, die die Wertigkeit der verschiedenen sozialen Belange der Arbeitnehmer, beispielsweise Alter, Schwerbehinderung etc.) zueinander näher regelt und damit die Sozailauswahl konkretisieren. Daneben können die Betriebsparteien auch im Rahmen eines Interessenausgleichs eine Namensliste fertigen. Also die zu kündigenden Arbietnehmer namentlich festlegen. Es bestand bislang die Frage, ob ein Betriebsrat - entgegen einer geltenden Auswahlrichtlinie - eine hiervon abweichede Namensliste für den Einzelfall mit dem Arbeitgeber vereinbaren kann.

Der Fall:
Der 1970 geborene, unverheiratete Arbeitnehmer war seit 1998 als Werkzeugmacher bei einem Unternehmen der Automobilzulieferindustrie beschäftigt. Im Dezember 2009 wurde über das Vermögen des Unternehmens das Insolvenzverfahren eröffnet und ein Insolvenzverwalter bestellt. Der Insolvenzverwalter und der Betriebsrat schlossen am 10.02.2010 einen Interessenausgleich, der eine Auswahlrichtlinie und eine Namensliste enthielt. Der Arbeitnehmer wies nach dem Punkteschema der Auswahlrichtlinie zwei Sozialpunkte mehr als ein Kollege des Arbeitnehmers auf. Der Kollege war der Vergleichs- und Altersgruppe des Arbeitnehmers zugeordnet. Die Namensliste nannte dennoch den Namen des Arbeitnehmers. Von den sieben Arbeitsverhältnissen der Vergleichs- und Altersgruppe des Klägers wurde nur das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers mit Schreiben vom 12.02.2010 ordentlich zum 31.05.2010 gekündigt. Mit der Klage wendet sich der Arbeitnehmer gegen die Kündigung. Er meinte, die soziale Auswahl sei grob fehlerhaft, weil der Insolvenzverwalter sein Arbeitsverhältnis und nicht das seines Kollegen gekündigt habe. Die Auswahlrichtlinie räume dem Arbeitgeber keinen Beurteilungsspielraum ein. Die Vorinstanzen haben seiner Klage stattgegeben. Sie haben angenommen, die Kündigung verstoße gegen die Auswahlrichtlinie. Die Sozialauswahl sei deshalb grob fehlerhaft.

Die Entscheidung:
Die Revision des Insolvenzverwalters vor dem Bundesarbeitsgericht hatte Erfolg. Die Bundesrichter waren der Meiungung, dass mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung der Klage nicht stattgegeben werden konnte. Die Betriebsparteien wichen nämlich in der Namensliste übereinstimmend und wirksam von der Auswahlrichtlinie ab. Das Bundesarbeitsgericht hat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurück an das Landesarbeitsgericht verwiesen. Auf der Grundlage des bisher festgestellten Sachverhalts steht noch nicht fest, ob die Kündigung wirksam ist.

Das Fazit: 
Arbeitgeber und Betriebsrat können Auswahlrichtlinien im Sinn von § 1 Abs. 4 KSchG später oder zeitgleich - etwa bei Abschluss eines Interessenausgleichs mit Namensliste - ändern. Setzen sich die Betriebsparteien in einem bestimmten Punkt gemeinsam über die Auswahlrichtlinie hinweg, gilt die Namensliste.

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 04.05.2011 - 2 Sa 1975/10 -

Freitag, 18. Oktober 2013

Festhalten an Kündigung alleine kein Indiz für Diskriminierung wegen des Geschlechts

Das Problem:
Ein Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) findet auch auf Arbeitsverhältnisse Anwendung. Auch die Beendigung von Arbeitsverhältnissen muss daher frei von Diskriminierungen im Hinblick auf die Merkmale Rasse, ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alter und sexuelle Identität sein. Einem Arbeitgeber ist es untersagt, ein Arbeitsverhältnis wegen des Vorhandenseins oder Fehlens eines bestimmten vorgenannten verpönten Merkmals zu beenden, sofern nicht ausnahmsweise Rechtfertigungsgründe vorliegen. Diskriminiert ein Arbeitgeber bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses einen Arbeitnehmer, so hat er diesem - unabhängig von etwaigen Unwirksamkeit der Kündigung - eine Entschädigung zu zahlen. Vor dem Arbeitsgericht kommen dem Arbeitnehmer insoweit Beweiserleichterungen zugute. Der Arbeitnehmer muss nicht beweisen, dass der Arbeitgeber ihn tatäschlich diskriminiert hat, sondern lediglich Indizen nachweisen, die zu einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit der Diskriminerung führen. 

Der nunmehr entschiedene Fall beleuchtet die Frage, welche Tatsachen als Indizien für eine Diskriminierung taugen.

Der Fall:
Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis fristgemäß in der Probezeit. Binnen einer Woche machte die Arbeitnehmerin unter Vorlage einer entsprechenden ärztlichen Bescheinigung geltend, bei Zugang der Kündigung schwanger gewesen zu sein. Sie forderte die Arbeitgeberin auf, innerhalb einer weiteren Woche mitzuteilen, dass sie an der Kündigung "nicht festhalte", damit sie keine Klage erheben müsse. Das erklärte die Arbeitgeberin zunächst nicht. Nachdem der Betriebsarzt einen Monat später sowohl die Schwangerschaft als auch ein zwischenzeitlich ausgesprochenes Beschäftigungsverbot bestätigt hatte, erklärte die Arbeitgeberin nach Wochen eine "Rücknahme" der Kündigung. Die Arbeitnehmerin lehnte in der Folgezeit jedoch eine außergerichtliche Einigung ab. Schließlich gab die Arbeitgeberin vor dem Arbeitsgericht eine Anerkenntnis-Erklärung ab, woraufhin die Unwirksamkeit ihrer Kündigung festgestellt wurde.

Die Entscheidung:
Wie schon in den Vorinstanzen blieb die Klage auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von drei Bruttomonatsgehältern wegen Benachteiligung aufgrund des Geschlechts vor dem Bundesarbeitsgericht ohne Erfolg. Die Kündigung konnte nach Meingung des Gerichts  schon deswegen keine Benachteiligung der Arbeitnehmerin aufgrund ihres weiblichen Geschlechts sein, weil die Arbeitgeberin bei der Erklärung der Kündigung keine Information über die Schwangerschaft der Arbeitnehmerin hatte. Die verlangte Rücknahme der Kündigung war rechtstechnisch nicht möglich, über die Notwendigkeit einer einvernehmlichen Verständigung der Parteien zeigte sich die Arbeitnehmerin nicht hinreichend informiert. Ein Streit darüber, ob die besonderen Anspruchsvoraussetzungen des § 11 MuSchG auf Zahlung von Mutterschutzlohn vorliegen, ist für sich genommen nicht schon deswegen eine Diskriminierung, weil nur Frauen diesen besonderen Anspruch geltend machen können.

Das Fazit: 
Wird einer Arbeitnehmerin gekündigt, ohne dass Kenntnis von ihrer Schwangerschaft bei Zugang der Kündigungserklärung besteht, so ist weder die Kündigung selbst noch ein "Festhalten" an der Kündigung ein Indiz für eine Benachteiligung wegen des Geschlechts. 

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamm - 3 Sa 1420/11 - , Urteil vom 16.05.2012

Donnerstag, 25. Juli 2013

LAG Hamm : Leiharbeiter erwirkt Arbeitsverhältnis zum Entleiher

Der Fall:
Der Arbeitnehmer stand ab dem 05.08.2008 bei einem Reinigungsunternehmen in einem Arbeitsverhältnis. Dieses Reinigungsunternehmen hatte mit einem Bertelsmann Tochterunternehmen eine Rahmenvereinbarung über Dienstleistungstätigkeiten im Reinigungsbereich geschlossen. Der Arbeitnehmer wurde von der Reinigungsfirma im Bereich Facility-Management des Bertelsmann Tocherunternehmens, worüber keine schriftliche Vereinbarung getroffen wurde, schwerpunktmäßig mit den Tätigkeiten Wareneingang, Poststelle sowie Hausmeistertätigkeiten eingesetzt. Eine schriftliche Niederlegung des Leistungsumfangs im Bereich des Facility-Managements zwischen der Reinigungsfirma und Bertelsmanntocherunternehmens erfolgte erst im November 2010.

Dem Arbeitnehmer war ein Arbeitsplatz in einem Büro zur Verfügung gestellt, welches vollständig mit Betriebsmitteln des
Bertelsmann Tocherunternehmens ausgestattet war, z. B. Computer mit Anschluss an das betriebsinterne Netzwerk. Für Botendienste nutzte der Arbeitnehmer auch Fahrzeuge des Bertelsmann Tocherunternehmens, obwohl die Reinigungsfirma am Standort eigene Fahrzeuge vorhielt. Von dem Bertelsmann Tocherunternehmen erhielt der Arbeitnehmer auch Sicherheitsschuhe und eine Windjacke, welche auch anderen Mitarbeitern des Bertelsmann Tocherunternehmens im Facility-Management überlassen wurde.

Im April 2012 hat der Arbeitnehmer gegen das
Bertelsmann Tocherunternehmen Klage erhoben, um feststellen zu lassen, dass das Arbeitsverhältnis nicht zwischen ihm und der Reinigungsfirma besteht, sondern zwischen ihm und dem Bertelsmann Tocherunternehmen, weil die Reinigungsfirma Arbeitnehmerüberlassung betreibe, ohne die dafür vorgeschriebene Erlaubnis zu haben.

Die Entscheidung:
Mit Urteil vom 05.12.2012 hat das Arbeitsgericht Bielefeld der Klage stattgegeben und festgestellt, dass zwischen dem Arbeitnehmer und dem Bertelsmann Tocherunternehmen seit dem 05.08.2008 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht. Auch die Berufung des Bertelsmann Tocherunternehmens gegen diese Entscheidung vor dem Landesarbeitsgericht blieb nunmehr ohne Erfolg

Zwischen den Parteien des Rechtsstreits ist aufgrund gesetzlicher Fiktion ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen, da der Arbeitnehmer aufgrund eines Arbeitnehmer-überlassungsvertrages zwischen der Reinigungsfirma und dem
Bertelsmann Tocherunternehmen und nicht aufgrund eines Werk- oder Dienstvertrages tätig geworden ist und die Reinigungsfirma die erforderliche Genehmigung für Arbeitnehmerüberlassung nicht hat. Maßgeblich für die Abgrenzung der Vertragstypen ist der Geschäftsinhalt, der sich sowohl aus den Vereinbarungen der Vertragsparteien als auch aus der praktischen Durchführung des Vertrages ergeben kann. Hier hat die Kammer festgestellt, dass die Tätigkeit des Arbeitnehmers einerseits vom Rahmenvertrag nicht umfasst war und andererseits er hinreichende Indizien vorgetragen hat, dass er in die betriebliche Organisation bei des Bertelsmann Tocherunternehmens eingegliedert war und deren Weisungen unterlag. Das Bertensmann Toicherunternehmen war also eignetlich nicht Auftraggeber, sondern Entleiher. Deswegen ist von unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung auszugehen. 

Folge einer unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung ist, dass nach dem Gesetz ein Arbeitsverhältis zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Entleiher als begründet gilt.

Fazit:
Gerade Leiharbeitnehmer sollten sich über ihre Rechte Informieren. Unter Umständen kann mit Hilfe des Arbeitsrechts ein Weg aus der Zeitarbeit gefunden werden oder aber jedenfalls nach dem Grundsatz equal-pay eine Entgelterhöhung erreicht werden.

Urteil, Landesarbeitsgericht Hamm, vom 24.07.2013 - 3 Sa 1749/12 -

Dienstag, 16. Juli 2013

Bundesarbeitsgericht: Kündigungstermin muss im Kündigungsschreiben nicht genannt werden

Das Problem:
Eine Kündigung ist die Ausübung eines Gestaltungsrechts. Die Erklärung muss daher bestimmt und unmissverständlich erklärt werden. Der Empfänger einer ordentlichen Kündigungserklärung muss erkennen können, wann das Arbeitsverhältnis enden soll. Gerade bei Insolvenzverwaltern sind Kündigungsschreiben aber nicht unüblich, die gerade keinen Termin ausdrücklich benennen. Vilemehr wird von dem Insolvenzverwatlter auf die Kündigungsfrist hingewiesen. Es ist nun an dem Arbietnehmer sich selber auszurechen was der Insolvenzverwalter wohl für ein Kündigungstermin gemeint hat. Das Bundesarbietsgericht hatte sich mit der Frage zu kümmern, ob ein solches Vorgehen rechtens ist bzw. ein solche Kündigung überhaupt wirksam ist.

Der Fall: 
Die Arbeitnehmerin  war seit 1987 bei der Arbeitgeberin als Industriekauffrau beschäftigt. Am 01.05.2010 wurde ein Insolvenzverwalter bestellt. Bereits zuvor hatte die Arbeitgeberin  die vollständige Betriebsstilllegung beschlossen und den Betriebsrat zur beabsichtigten Kündigung aller Arbeitsverhältnisse angehört. Mit Schreiben vom 03.05.2010 kündigte der Insolvenzverwalter das Arbeitsverhältnis der Arbeitnehmerin ordentlich „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“. Das Kündigungsschreiben führt im Weiteren aus, welche Kündigungsfristen sich aus § 622 BGB ergeben und dass § 113 InsO eine Begrenzung der gesetzlichen, tariflichen oder rbeitsvertraglichen Kündigungsfrist auf drei Monate bewirke, sofern sich eine längere Frist ergebe. Mit ihrer Klage wendet sich die Arbeitnehmerin gegen die Kündigung. 

Die Entscheidung:
Die Vorinstanzen haben der Klage der Arbeitnehmerin stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Kündigungserklärung sei bereits unbestimmt. Die Revision des Insolvenzverwalters hatte vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) Erfolg. Die Klage ist nach Auffassung des BAG unbegründet. Das Arbeitsverhältnis hat mit Ablauf des 31.08.2010 geendet. Die Kündigungserklärung ist ausreichend bestimmt. Nach Meinung des BAG genügt hierfür regelmäßig wenn der Vertragspartner sich die Kündigungsfrist anhand der Angaben im Kündigungsschreiben errechnen kann. Ausreichend ist etwa auch ein Hinweis auf die maßgeblichen gesetzlichen Fristenregelungen, wenn der Erklärungsempfänger hierdurch unschwer ermitteln kann, zu welchem Termin das Arbeitsverhältnis enden soll. Die Arbeitnehmerin konnte dem Kündigungsschreiben unter Berücksichtigung ihrer Betriebszugehörigkeit entnehmen, dass § 113 InsO zu einer Begrenzung der Kündigungsfrist auf drei Monate führt, ihr Arbeitsverhältnis also zum 31.08.2010 enden sollte. Die Kündigung ist auch nicht aus anderen Gründen unwirksam. 

Das Fazit: 
Der Einwand des Arbeitnehmers, dass eine ihm gegenüber erklärte Kündigung unbestimmt ist, weil sich aus der Erklärung der Kündigungstermin nicht eindeutig ergibt, wird in Zukunft wohl nur noch in seltenen Ausnahmefällen durchgreifen. Die Chance, dass sich der kündigende Arbeitgeber bei Ausspruch der Kündigung klar gegenüber dem Arbeitnehmer positionieren muss, wurde durch das BAG damit erst einmal vertan.
 
Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 20.06.2013 - 6 AZR 805/11 –

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil vom 06.04.2011 - 6 Sa 9/11 -

Montag, 24. Juni 2013

Streitwerte im Arbeitsrecht vereinheitlicht

Die Präsidenten der Landesarbeitsgerichte haben die Bemessung der Streitwerte neu und einheitlich geregelt, aus denen sich die Vergütung der Rechtsanwälte ergibt. In vielen Fällen erhalten Rechtsanwälte in Zukunft weniger Geld für ihre Arbeit. Das betrifft vor allem Arbeitnehmeranwälte, da Arbeitgeberanwälte ihre Vergütung in der Regel auf Honorarbasis regeln. 

Sowohl die Gebühren für Rechtsanwälte als auch die Gerichtsgebühren ermitteln sich bei Verfahren vor den Arbeitsgerichten nach der Höhe des Gegenstandswertes. Zum Gegenstandswert finden sich gesetzliche Bestimmungen im Gerichtskostengesetz (GKG) und im Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte - Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Der Streitwert ist dabei nicht der Betrag, der von einer Partei zu zahlen ist. Vielmehr dient dieser Wert alleine als Berechnungsgrundlage für die Gebühren.

Die Bestimmung der Höhe des Streitwerts im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen ist letztlich den Landesarbeitsgerichten zugewiesen. Das führt bislang dazu, dass je nach Zuständigkeit des Landesarbeitsgerichts unterschiedliche Regelungen gelten. Dieser Zustand soll nunmehr behoben werden.

Auf Initiative der Präsidentinnen und Präsidenten der Landesarbeitsgerichte wurde eine Streitwertkommission gebildet, die einen Streitwertkatalog erarbeitet hat. Dieser Katalog soll Grundlage zur Vereinheitlichung der zumindest in Teilen sehr unterschiedlichen Rechtsprechung schaffen.

Danach gelten für die gängigen Streitgegenständen im Urteilsverfahren folgende Empfehlungen an die Beschwerdekammern der Landesarbeitsgerichte:

1. Eine Abmahnung wird – unabhängig von der Anzahl und der Art der Vorwürfe
– mit 1 Monatsvergütung bewertet.

Mehrere Abmahnungen werden – unabhängig davon, ob sie in einem oder in unterschiedlichen Verfahren geltend gemacht werden –  mit 1/3 einer Monatsvergütung  für  jede folgende  Abmahnung  bewertet.  Jedoch findet eine  Deckelung  auf  max.  die  Vergütung  für  ein Vierteljahr  statt.  Im  Einzelfall  kann  auch,  z.B.  bei  der  völligen  Gleichartigkeit der Abmahnungsvorwürfe, von der 1/3 – Monatsvergütung nach unten abgewichen werden.

2. Eine reine  Abrechnung,  gegebenenfalls  auch  kumulativ  mit  einer Vergütungsklage:  5  %  der  Vergütung  für  den  geltend gemachten  Abrechnungszeitraum.

3.  Eine Änderungskündigung
- bei Annahme unter Vorbehalt: Mit  Vergütungsänderung:  36-fache  Monatsdifferenz,  maximal  die  Vergütung für ein Vierteljahr und ohne  Vergütungsänderung:  In  der  Regel  1 Monatsvergütung.  Bei besonders schwerwiegenden Belastungen für den Arbeitnehmer bis zu max. 2 Monatsvergütungen. 

4.  Bei Annahmeverzug, sofern er mit  einem  Kündigungsschutzverfahren  kumulativ -  auch  in  getrennten Verfahren  -  Annahmeverzugsvergütung  geltend  gemacht  wird,  bei  der  die Vergütung ausschließlich vom Fortbestand des Arbeitsverhältnisses aufgrund der  streitgegenständlichen  Kündigung  abhängt,  so  besteht  für  die  ersten  3 Monate  nach  dem  Beendigungszeitpunkt  eine  wirtschaftliche  Identität zwischen  Kündigungsschutzverfahren  und  Annahmeverzug.  Dieser  Zeitraum wird nur einmal bewertet.

5.  Arbeitspapiere
Pro Arbeitspapier 10 % einer Monatsvergütung.

6. Ein  Auflösungsantrag ist beim  Gebührenstreitwert  nicht  zu bewerten; dies gilt auch, wenn in einem solchen Fall eine Auflösung in einem Vergleich vereinbart wird.

7. Eine Auskunft oder Rechnungslegung für leistungsabhängige Vergütung z.B. Provision oder Bonus: Von 10 % bis 50 % der zu erwartenden Vergütung, je nach Bedeutung für den Arbeitnehmer  im  Einzelfall,  orientiert  am  wirtschaftlichen  Interesse  zur Erlangung der begehrten Leistung.

8. Zahlung
Volle eingeklagte Vergütung.

9.  Eine Befristung wird  bewertet  wie  eine  Kündigungsschutzklage.  Gleiches  gilt  für  einen Streit  über  einen sonstigen  Beendigungstatbestand,  z.B.  Anfechtung,  Eigenkündigung oder Aufhebungsvertrag.

10. (Weiter-) Beschäftigungsanspruch 
 1  Monatsvergütung. 

11.  Direktionsrecht – Versetzung
In  der  Regel  1  Monatsvergütung;  bei  besonders  schwerwiegenden Belastungen für den Arbeitnehmer bis zu maximal 2 Monatsvergütungen.

12.  Einstellungsanspruch/Wiedereinstellungsanspruch
Ohne  vorausgegangene  Kündigung,  Befristung  oder  auflösende  Bedingung die Vergütung für ein Vierteljahr.

13.  Feststellungsantrag, allgemeiner (Schleppnetzantrag):
Keine  Bewertung,  wenn  kein  konkreter  Beendigungstatbestand  im  Raum steht. Wenn weitere konkrete Beendigungstatbestände im Raum stehen, erfolgt die Bewertung entsprechend mehrer Kündigungen. 

14.  Eine Kündigung  
Bei Bestand des Arbeitsverhältnisses unter 6 Monaten: 1 Monatsvergütung,  es  sei  denn,  es  wird  ein  Sonderkündigungsschutz  geltend  gemacht  oder  es sind konkrete Tatsachen erkennbar, die den Regelwert nach oben verändern würden,oder es ist nur ein Fortbestand des Arbeitsverhältnisses von unter 1 Monat im Streit. Bei Bestand des Arbeitsverhältnisses über 6 Monaten: die Vergütung für ein Vierteljahr, es sei denn, es steht der Fortbestand unter 3 Monaten im Streit.

15. Mehrere Kündigungen:  Unabhängig  davon,  ob  sie  in  einem  oder  in verschiedenen Verfahren angegriffen werden

Außerordentliche Kündigung, die hilfsweise als ordentliche erklärt wird: max. die Vergütung für ein Vierteljahr, unabhängig davon, ob sie in einem oder in mehreren Schreiben erklärt werden. Werden  die  Kündigungen  in  getrennten  Verfahren  angegriffen,  erfolgt  eine Quotelung der Vergütung für ein Vierteljahr auf die einzelnen Verfahren.

Folgekündigungen  ohne  Veränderung  des  Beendigungszeitpunktes:  Keine Erhöhung;  werden  sie  in  getrennten  Verfahren  angegriffen,  erfolgt  eine Quotelung der Vergütung für ein Vierteljahr auf die einzelnen Verfahren.
 
Folgekündigungen  mit  Veränderung  des  Beendigungszeitpunktes:  In  der Regel (Ausnahme: z.B. Trotzkündigung/en) die Entgeltdifferenz zwischen den verschiedenen  Beendigungszeitpunkten,  maximal  jedoch  die  Vergütung  für ein Vierteljahr für jede Folgekündigung.

16.   Nachteilsausgleich (§ 113 BetrVG) 
 Es  besteht  keine  wirtschaftliche  Identität  mit  einem  eventuellen  weiteren Antrag.  Der  Zahlungsbetrag  bzw.  das  wirtschaftliche  Interesse  im  Fall  einer Schätzung sind (zusätzlich) zu bewerten.

17.  Zeugnis
Erteilung  oder  Berichtigung  eines  einfachen  Zeugnisses:  10  %  einer Monatsvergütung.

Erteilung oder Berichtigung eines qualifizierten Zeugnisses:
1  Monatsvergütung,  und  zwar  unabhängig  von  Art  und Inhalt  eines  Berichtigungsverlangens, auch bei kurzem Arbeitsverhältnis.

Zwischenzeugnis:  1/2  Monatsvergütung;  wird  ein  Zwischen  –  und  ein  Endzeugnis (kumulativ oder hilfsweise) im Verfahren verlangt: Insgesamt 1 Monatsvergütung. 

18. Vergleichsmehrwert
 Im  Hinblick  auf  ein  Titulierungsinteresse  für  im  Wesentlichen  unstreitige Ansprüche, die im Vergleich aufgenommen werden: 20 % des normalen Wertes des Anspruches; das gilt insbesondere auch für  das  unstreitig  zu  erteilende  Zeugnis.  Werden  im  Vergleich  bei  einem qualifizierten  Zeugnis  inhaltliche  Festlegungen  mitgeregelt,  dann  ist  der Zeugnisanspruch mit 1 Monatsvergütung streitwerterhöhend.

Freistellung bis zum Beendigungszeitpunkt:
25 % der Vergütung für den Zeitraum, der zu einer tatsächlichen Freistellung durch  den  Vergleich  führt,  maximal  jedoch  1  Monatsvergütung.  Die Freistellung  wird  somit  rein  zukunftsbezogen  ab  dem  Zeitpunkt  des Vergleichsabschlusses berechnet und nicht etwa rückwirkend für Zeiträume vor dem Vergleichsabschluss, selbst wenn der Arbeitnehmer (insbesondere wegen  der  Kündigung)  bereits  vor  dem  Vergleichsabschluss  freigestellt
gewesen sein sollte. 


mitgeteilt von
Rechtsanwalt Martin Bechert,
Berlin