Sonntag, 15. Februar 2015

Verdachtskündigung selbst im Ausbildungsverhältnis möglich

Das Problem:
Sobald die Probezeit im Ausbildungsverhältnis vorüber ist, kann das Ausbildungsverhältnis durch den Ausbilder nur noch aus wichtigem Grund gekündigt werden. An diesen "wichitgen Grund" wird gerade im Ausbidlungsverhältnis sehr hohe Maßstäbe angelegt. Es wird berücksichtigt, dass es sich bei Auszubildenden regelmäßig um jüngere Menschen handelt und dem Ausbildungsverhältnmis auch erzieherische Aspekte innewohnen. Ob diese hohen Maßstäbe auch durch einen dringenden Verdacht einer schweren Verletzung ausbidlungsvertraglicher Pflichten oder gar einer Straftat erreicht werden kann, war bislang offen. Schießlich ist der Verdachtskündigung immanent, dass die Tat gerade nicht bewiesen werden kann und es also immer auch tatsächlich Unschuldige treffen kann.

Der Fall:
Der Auszubildende absolvierte eine Berufsausbildung zum Bankkaufmann. Am 20.06.2011 zählte er das sich in den Nachttresor-Kassetten einer Filiale befindliche Geld. Später wurde ein Kassenfehlbestand von 500,00 Euro festgestellt.

Nach Darstellung der Bank nannte der Azubi in einem Personalgespräch von sich aus die Höhe dieses Fehlbetrags, obwohl er nur auf eine unbezifferte Kassendifferenz angesprochen worden war. Die Bank hat das Berufsausbildungsverhältnis wegen des durch die Offenbarung von Täterwissen begründeten Verdachts der Entwendung des Fehlbetrags gekündigt. Der Auszubildende hält die Kündigung für unwirksam. Er wendete im Prozess ein, dass in Berufsausbildungsverhältnis könne schon vom Grundsatz her nicht durch eine Verdachtskündigung beendet werden. Außerdem war er der Meinung, dass es an seiner ordnungsgemäßen Anhörung gefehlt habe. Ihm sei vor dem fraglichen Gespräch nämlich nicht mitgeteilt worden, dass er mit einer Kassendifferenz konfrontiert werden solle. Auch auf die Möglichkeit der Einschaltung einer Vertrauensperson sei er nicht hingewiesen worden. Beide Versäumnisse der Bank hätten zur Folge, dass die Kündigung unwirksam wäre.
 
Die Vorinstanzen konnte der Azubi nicht überzeugen. Die Klage wurde sowohl vom Arbeitsgericht, als auch vom Landesarbeitsgericht abgewiesen.

Die Entscheidung:
Auch vor dem Bundesarbeitsgericht hatte der
Auszubildende keinen Erfolg.  Nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts hat die Verdachtskündigung das Ausbildungsverhältnis beendet. Es bedurfte nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts weder einer vorherigen Bekanntgabe des Gesprächsthemas noch eines Hinweises bzgl. der möglichen Kontaktierung einer Vertrauensperson.

Das Bundesarbeitsgericht stellte fest, dass d
er dringende Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung des Auszubildenden einen wichtigen Grund zur Kündigung des Berufsausbildungsverhältnisses nach § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG darstellen kann, wenn der Verdacht auch bei Berücksichtigung der Besonderheiten des Ausbildungsverhältnisses dem Ausbildenden die Fortsetzung der Ausbildung objektiv unzumutbar macht.

Das Fazit:
Neben der Feststellung, dass eine Verdachtskündigung auch im Ausbildungsverhältnis möglich ist, dürften zumindest zwei Aspekte auch über den Fall hinaus Bedeutung haben. Zum einen scheint das Gericht auch ad hoc durchgeführte Personalgespräche ohne vorherige Ankündigung oder vorherigen Hinweis auf das Thema der Besprechung im Rahmen der Verdachtskündigung genügen zu lassen. Außerdem soll es auch nicht notwendig sein, dass ein
Auszubildende auf sein Recht eine Vertrauensperson hinzuziehen hingewiesen wird. Beides ist bedenklich, wenn man sich das Alter und den Grad der geistigen Reife von Auszubildende vor Augen führt. In der Praxis wird sich erweisen, dass jugendliche und heranwachsende Auszubildende oftmals der Sprachgewalt der ihnen gegenüber auftretenden mehreren Erwachsenen oftmalts nicht gewachsen sein werden. Das Motto:"Wer nichts zu verbergen hat, der braucht nichts zu fürchten" hilft hier nicht weiter. Gerade weil ansonsten die Kündigung von Auszubildenden ausgeschlossen ist, besteht die Gefahr, dass Auszubildenden etwas ans Zeug geflickt werden wird.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12.02.2015 - 6 AZR 845/13 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht, Rheinland-Pfalz Urteil vom 18.04.2013 - 2 Sa 490/12 -

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