Das Problem:
Ein Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) findet auch auf Arbeitsverhältnisse Anwendung. Auch die Beendigung von Arbeitsverhältnissen muss daher frei von Diskriminierungen im Hinblick auf die Merkmale Rasse, ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alter und sexuelle Identität sein. Einem Arbeitgeber ist es untersagt, ein Arbeitsverhältnis wegen des Vorhandenseins oder Fehlens eines bestimmten vorgenannten verpönten Merkmals zu beenden, sofern nicht ausnahmsweise Rechtfertigungsgründe vorliegen. Diskriminiert ein Arbeitgeber bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses einen Arbeitnehmer, so hat er diesem - unabhängig von etwaigen Unwirksamkeit der Kündigung - eine Entschädigung zu zahlen. Vor dem Arbeitsgericht kommen dem Arbeitnehmer insoweit Beweiserleichterungen zugute. Der Arbeitnehmer muss nicht beweisen, dass der Arbeitgeber ihn tatäschlich diskriminiert hat, sondern lediglich Indizen nachweisen, die zu einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit der Diskriminerung führen.
Der nunmehr entschiedene Fall beleuchtet die Frage, welche Tatsachen als Indizien für eine Diskriminierung taugen.
Der Fall:
Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis fristgemäß in der
Probezeit. Binnen einer Woche machte die Arbeitnehmerin unter Vorlage einer
entsprechenden ärztlichen Bescheinigung geltend, bei Zugang der
Kündigung schwanger gewesen zu sein. Sie forderte die Arbeitgeberin auf,
innerhalb einer weiteren Woche mitzuteilen, dass sie an der Kündigung
"nicht festhalte", damit sie keine Klage erheben müsse. Das erklärte die Arbeitgeberin zunächst nicht. Nachdem der Betriebsarzt einen Monat später
sowohl die Schwangerschaft als auch ein zwischenzeitlich ausgesprochenes
Beschäftigungsverbot bestätigt hatte, erklärte die Arbeitgeberin nach Wochen
eine "Rücknahme" der Kündigung. Die Arbeitnehmerin lehnte in der Folgezeit
jedoch eine außergerichtliche Einigung ab. Schließlich gab die Arbeitgeberin
vor dem Arbeitsgericht eine Anerkenntnis-Erklärung ab, woraufhin die
Unwirksamkeit ihrer Kündigung festgestellt wurde.
Die Entscheidung:
Wie schon in den
Vorinstanzen blieb die Klage auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von
drei Bruttomonatsgehältern wegen Benachteiligung aufgrund des
Geschlechts vor dem Bundesarbeitsgericht ohne Erfolg.
Die Kündigung konnte nach Meingung des Gerichts schon deswegen keine Benachteiligung der Arbeitnehmerin
aufgrund ihres weiblichen Geschlechts sein, weil die Arbeitgeberin bei
der Erklärung der Kündigung keine Information über die Schwangerschaft
der Arbeitnehmerin hatte. Die verlangte Rücknahme der Kündigung war
rechtstechnisch nicht möglich, über die Notwendigkeit einer
einvernehmlichen Verständigung der Parteien zeigte sich die Arbeitnehmerin
nicht hinreichend informiert. Ein Streit darüber, ob die besonderen
Anspruchsvoraussetzungen des § 11 MuSchG auf Zahlung von
Mutterschutzlohn vorliegen, ist für sich genommen nicht schon deswegen
eine Diskriminierung, weil nur Frauen diesen besonderen Anspruch geltend
machen können.
Das Fazit:
Wird einer Arbeitnehmerin gekündigt, ohne dass Kenntnis von ihrer Schwangerschaft bei Zugang der Kündigungserklärung besteht, so ist weder die Kündigung selbst noch ein "Festhalten" an der Kündigung ein Indiz für eine Benachteiligung wegen des Geschlechts.
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamm
- 3 Sa 1420/11 -
, Urteil vom 16.05.2012
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